• 10.03.2016Nr.02/2016 ;                                                     Nr. 02                                     

hart backbord

Ein Blatt für Seeleute und interessierte Landratten

unabhängig, weltoffen und seefest

Fast vergessene Bräuche

Die Äquatortaufe

 

 

 

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Spruch der Woche:

Die Seee
Wenn mit ihren Atemzügen
sich die Dünung senkt und hebt,
Und die Winde sie durchpflügen,
dann verspürst Du dass sie lebt.

Wenn die Stürme Shanties geigen,
Rasmus ausgelassen tollt,
und die Wellen Zähne zeigen,
Dann erkennst Du, dass sie grollt

Bist Du einst an Land gegangen
auf der Suche nach dem Glück,
zieht ein heimliches Verlangen
Dich doch stets zu ihr zurück.

Bern Hardy

 

 

Fast vergessene Bräuche

Die Äquatortaufe

 

Zu den fast vergessenen Bräuchen kann man inzwischen die Äquatortaufe zählen. Sie ist heute zur Show auf Passagierschiffen heruntergekommen.

Es ist noch nicht lange her, da handelte es sich bei der Äquatortaufe auf den Seeschiffen um eine ernste Sache, einen Initiationsritus. Ein Seemann sollte getauft sein.

Eine Äquatortaufe lief nach althergebrachten Regeln ab. Am Tag vor der Äquatorquerung erscheint „Triton“, der Sohn des Meeresgottes „Neptun“, in Begleitung von zwei schwarzen Gestalten in Baströckchen. Er ordnet an, dass die Täuflinge mit Sonnenaufgang ins Gefängnis gesperrt werden, bis Neptun persönlich an Bord kommt, um die Taufe vorzunehmen.

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück erscheinen wieder drei schwarze Wilde in Baströckchen, begleitet von zwei Polizisten. Die Gruppe greift sich die Täuflinge und geleitet sie zum improvisierten Gefängnis, einem Deckshaus zwischen zwei Luken. Hier dürfen die Täuflinge erst einmal schmoren. Die Sonne steht um diese Zeit schon ziemlich hoch und heizt das Deckshaus entsprechend auf. Damit ihnen nicht langweilig wird und sie sich des Ernstes der Situation auch bewusst werden, schleppen zwei Matrosen noch eine elektrische Rostmaschine die Leiter hinauf auf das Deckshaus. Sie macht auf dem Stahldeck einen Höllenlärm.

Eine Stunde später kündet das Tuten des großen Typhons die Ankunft Neptuns an. Die Täuflinge dürfen ihr Gefängnis verlassen. Halb taub stolpern sie an Deck.

Neptun ist nicht allein gekommen. Er hat seine Tochter Thetis, den Pastor und den Doktor mitgebracht.

Neptun hält eine kleine Ansprache an die Täuflinge, die mit dem Satz, „Wer in Gehorsam hier nicht zittert, der wird von mir schwer angewittert, so ist es Brauch von alters her, Ich, Herrscher übers weite Meer:“ endet.

Als nächstes hat der Pastor seinen Auftritt. Er redet den Täuflingen etwas ins Gewissen und begleitet sie durch die ganze Zeremonie.

Dann müssen die Täuflinge Thetis, der Tochter Neptuns ihre Aufwartung machen. Es handelt sich um den etwas klein gewachsenen Kochsmaat, dem man eine blonde Perücke aus Sisalfasern verpasst und so auf Thetis getrimmt hat.

Jeder Täufling muss Thetis den Fuß küssen. Das Problem ist nur, dass man Thetis einen stinkenden Hering auf den Fuß gebunden hat. Nähert sich der Täufling mit dem Gesicht dem Fuß, knallt ihm Thetis den Fuß mit dem Hering voll ins Gesicht.

Bevor der Täufling sich erholen kann, zerren ihn die Wilden im Baströckchen zum Arzt. Der stellt die Diagnose „Nordhalbkugelkrankheit“ und hat auch gleich ein Mittel dagegen, eine knödelgroße Pille. Die Dinger hat der Koch in der Kombüse angefertigt, und nichts ausgelassen, was scharf und ätzend ist.

Der erste Patient wird von den Poli-zisten gezwungen den Mund aufzuma-chen und die Pille wird in den Mund geschoben. Der Täufling wechselt die Farbe im Gesicht von rot auf blass und verdreht die Augen, was die Herren aber nicht sonderlich beeindruckt.

Weiter geht’s zur nächsten Station, zum Friseur. Der Täufling verliert einige Haarsträhnen und wird mit einem Messer aus Holz rasiert. Auch die Zähne werden nicht vergessen. Senf der Sorte „Löwensenf extra stark“ dient als Zahnpasta. Die Polizisten und die Wilden passen auf, dass die Behandlung auch sorgfältig durchgeführt wird.

Als Nächstes steht die Reinigung der Täuflinge auf dem Programm, denn die bisherige Behandlung hat ihre Spuren hinterlassen. An jeder Station steht ein Eimer mit schwarzem Separatorenschlamm, aus dem die Polizisten mit einem Quast großzügig austeilen.

Dann geht’s zum improvisierten Schwimmbecken, in dem die Polizisten Platz genommen haben. Der Täufling wird von den Wilden über eine Leiter in den mit Seewasser gefüllten gut zwei Meter hohen Kasten hinein bugsiert. Im Becken wird er schon von den Polizisten erwartet. Ohne Vorwarnung wird er unter Wasser gedrückt. Als sein wildes Gezappel matter wird, lässt man ihn an die Oberfläche zum Luft schnappen. Der größte der Polizisten fragt ihn lauernd: „Wieviel?“ Er meint natürlich Kisten Bier – schließlich ist der Job anstrengend und macht durstig.

Der erste Täufling ist noch widerborstig. „Eine Flasche“ und erntet empörtes Geheul der Hauptamtlichen. Sofort ist er wieder unter der Wasseroberfläche. Als er wieder hochkommt, krächzt er: „Eine Kiste…“ – „Was?“ und schon ist er wieder unter Wasser. Bei vier Kisten erbarmen sich die Polizisten des Armen, bugsieren den Täufling zusammen mit den Wilden aus dem Swimming-Pool und schleifen ihn an die Verschanzung. Dort erholt er sich langsam.

Sind alle Täuflinge durch, also vom Schmutz der Nordhalbkugel gereinigt, kommt noch die Passage durch den Windsack. Der Windsack ist eine Röhre aus Segeltuch, gut 15 Meter lang, die alle Meter mit einem eisernen Ring ausgesteift wird. An jeder der beiden Öffnungen steht ein Matrose, der mit einem Feuerwehrschlauch in den Windsack spritzt. Hier muss jeder Täufling durch. Geht es nicht so richtig voran, beziehungsweise stoppt der Täufling in der Röhre, hilft ein Polizist mit einem Hieb mit einem Tauende nach. Das wirkt immer… Total geschafft kriecht der arme Teufel am anderen Ende aus dem verdammten Windsack.

Danach dürfen die Getauften vor Neptun antreten. Mit einem kleinen Reim überreicht er die Taufurkunde mit dem neuen Namen, wie Hering, Waal oder Molch. Ein gewaltiges Fest bildet den Abschluss.

Die gewisse Härte, ja Brutalität mit der die Veranstaltung durchgeführt wird, resultiert vermutlich aus der langen Tradition. Die älteste Darstellung datiert aus dem Jahre 1820, übrigens mit dem gleichen Personal wie heutzutage. Wahrscheinlich gehen die Wurzeln aber auf die Portugiesen zurück, die im 15. Jahrhundert die afrikanische Küste entlang nach Süden segelten und den Äquator als Erste überquerten.

Sie segelten damals in völlig unbekanntes Gewässer und in den Köpfen von vielen Seeleuten spukte noch die Vorstellung aus der Antike, die Erde sei eine Scheibe und sie würden irgendwann über die Kante ins Nichts fallen, beziehungsweise gewaltige Monster Schiff und Besatzung verschlingen.…



 

Witz der Woche:

Fite neu

Zwei ältere Rentner unterhalten sich: „Also ich möchte in Würde alt werden…“

Ich weiß nicht so recht, ich bin eher für Gran Canaria…“

 

Fiete meint: „Wärme ist gut für die alten Knochen…

 

Aktualisiert ( Mittwoch, den 08. Februar 2017 um 15:01 Uhr )