• 22.08.2017Nr.04/2016                                               Nr. 005

hart backbord

Ein Blatt für Seeleute und interessierte Landratten

unabhängig, weltoffen und seefest

Spektakulärer Unfall in Rostock

Dampfeisbrecher Stettin kollidiert mit Fracht-Fähre

Traditionsschiffe an die Kette?

;

Spruch der Woche:

Arroganz
In der Dreimeilenzone hält sich die See
gesellschaftspolitisch für besser,
dort bezeichnet sie sich seit eh und je
großapurig als Hoheitsgewässer.

Dabei verliert sie dort nur an Format.
Sie wird trotz - Küstenbewacher -
Je weiter sie sich der Küste naht,
von Meile zu Meile flacher





Bern Hardy

Spektakulärer Unfall in Rostock

Dampfeisbrecher Stettin kollidiert mit Frachtfähre

 

Am 12. August, einem Samstag kam es im Rahmen der „Hanse-Sail“, eines Treffens von Traditionsschiffen in Rostock zu einer Kollision zwischen dem Hamburger Dampfeisbrecher „Stettin“ und der Frachtfähre „Finnsky“ in der Höhe des Überseehafens in Warnemünde, dem Hafen der Hansestadt Rostock.

Bisher stellt sich das Geschehen so dar: Der Dampfeisbrecher Stettin war mit 180 Tagesgästen seewärts unterwegs und die Frachtfähre hatte die Einfahrt in den Warnemünder Hafen passiert, hatte gedreht und fuhr rückwärts in Richtung ihres Liegeplatzes. Wie man hört, ist dieses Manöver in Rostock üblich, nichts Ungewöhnliches, reine Routine.

Die Stettin fuhr unter Lotsenberatung, das heißt auf der Brücke des Dampfeisbrechers befanden sich außer der normalen Brückenbesatzung, dem diensthabenden Steuermann, und 1 bis 2 Seeleuten, der Kaptän und ein Lotse. Das Ein- oder Auslaufen sind immer gefährliche Momente, die die ganze Aufmerksamkeit der Schiffsleitung erfordern.

Doch zum möglichen Unfallhergang: Wie veröffentlichte Fotos der ineinander verkeilten Schiffe nahe legen, hat die rückwärts fahrende Frachtfähre mit der Backbord-Kante des Achterschiffs den Eisbrecher auf der Steuerbord-Seite mittschiffs getroffen

Vielleicht hat sich der Vorgang so abgespielt: Der Dampfeisbrecher Stettin lief aus und die Fracht-Fähre fuhr über den Achtersteven in Richtung Liegeplatz. Vermutlich hielten die Schiffsleitungen auf beiden beteiligten Schiffen den sich abzeichnenden Passierabstand für ausreichend. Es ist denkbar, dass im Rahmen eines Manövers, zum Beispiel einer notwendigen Kurskorrektur, die Drehzahl der rückwärtsdrehenden Backbord-Schraube auf der Frachtfähre erheblich erhöht wurde und damit der Zufluss auf der Backbord-Seite entscheidend verstärkt wurde. Wenn in diesem Moment sich die Stettin in relativer Nähe zu der Frachtfähre befand, könnte sie von dem Sog der Backbord-Schraube erfasst worden sein und letzendlich mit der Finnsky kollidiert sein.

Die Lage der Stettin und das Loch in der Steuerbord-Seite mittschiffs könnten darauf hin deuten, dass man die Gefahr auf der Stettin wohl rechtzeitig erkannt hatte und mit dem „Manöver eines letzten Augenblicks“, Ruder hart backbord und Volldampf voraus, die Kollision vermeiden wollte, aber ein Vergleich der Maschinenstärken zeigt die Hoffnungslosigkeit des Unterfangens. Die Dampfmaschine der „Stettin“ leistet etwa 2000 PS und die beiden Maschinen der Finnsky 27.192 PS. Angesichts dieses Unterschieds ist es verwunderlich, dass der auf der Stettin entstandene Schaden, ein etwa zwei Meter langer Riss oberhalb der Wasserlinie nicht schwerer ausgefallen ist…

Auf der Stettin gab es auf Grund des Unfalls zehn Leichtverletzte. Ein Gerücht berichtet aber von einem Passagier, der mit einem Armbruch ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Ein tröstlicher Gedanke: Es hätte alles noch viel schlimmer ausgehen können.

Die Stettin wurde in Rostock provisorisch repariert, man schweißte eine Stahlplatte über den Riss, und traf vergangenen Sonntag mit eigener Kraft wieder an ihrem angestammten Liegeplatz im Hafen von Hamburg / Övelgönne ein. In der nächsten Zeit soll die Stettin auf der Werft „Blohm u.Voss“ auf die traditionelle Art, mit Nieten repariert werden.

Traditionsschiffe an die Kette?

Eine geplante Vorschrift des „Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur“ (BMVI), die „Verordnung zur Änderung der Schiffssicherheitsrechtlichen Vorschriften über Bau und Ausrüstung von Traditionsschiffen und anderen Schiffen, die nicht internationalen Sicherheitsregelungen unterliegen“ sorgt in den Reihen der ehrenamtlichen Mitarbeitern der Traditionsschiffe und deren Vereine für einige Aufregung. Man befürchtet, dass man den neuen Vorschriften nicht Genüge leisten könnte und die meisten Traditionsschiffe an der Pier vergammeln müssten, statt bei vielfachen maritimen Veranstaltungen Teilnehmer und Zuschauer zu unterhalten und das Wissen über die Geschichte der Seefahrt lebendig zu erhalten.

Ein erster Entwurf der Sicherheitsvorschriften von 2016 zeigte, dass diese von einer großen Zahl der Traditionsschiffe gar nicht erfüllt werden können, so dass diese Zeugen aus den vergangenen Zeiten die Häfen nicht mehr verlassen können.

Der Teufel steckt wie immer im Detail. Auf der einen Seite begrüßen die Betreiber der Traditionsschiffe die Bemühungen der Behörde um mehr Sicherheit für die ehrenamtlichen Besatzungen und die Passagiere, aber auf der anderen Seite strebt die Behörde Regelungen an, die in der Praxis auf den alten Schiffen, auf Grund ihrer Bauart und Alters nicht umsetzbar sind oder mit großem Aufwand an Kosten und dem Verlust der Authentizität erkauft werden müssten. So ist die geplante Anpassung der Vorschriften an die Sicherheitsvorschriften der Berufsschifffahrt wohl eher kontraproduktiv. Vielleicht ist der Weg über Ausnahmen für Traditionsschiffe gangbar, der den Stand der Vorschriften zu deren aktiven Zeit nicht ganz außer acht lässt.

Auch beklagen die Verantwortlichen in den Vereinen, dass die Eintragung als anerkannt gemeinnütziger Verein nicht mehr ausreichen soll, um zu dokumentieren, dass das Schiff nicht erwerbswirtschaftlich betrieben wird. Das würde bedeuten, dass das Museumsschiff unter Umständen als Erwerbsbetrieb eingeschätzt wird mit der Folge von dem üblichen Papierkrieg und einem Wust an zusätzlichen Vorschriften, deren Beachtung ein Ehrenamt weit überschreiten würde.

Hinzu kommt ein leidiges Problem – das Geld. Bei so manchem Traditionsschiff müssten mit Inkrafttreten der neuen Vor-schriften umfangreiche Umbauten durch-geführt werden, deren Kosten den finan-ziellen Rahmen sprengen würden. Viele Arbeiten müssten von professionellen Handwerkern durchgeführt werden..

Inzwischen ist man etwas weiter gekommen – zumindest besteht noch Hoffnung. Die Dachorganisation der Traditionsschiffe, die „Gemeinsame Kommision für historische Was-serfahrzeuge e.V. (GSHW) und die Vertreter des BMVI haben sich getroffen und sich erst einmal darauf geeinigt, dass die neuen Vorschriften nicht vor dem 01. Januar 2018 in Kraft treten sollen. Es ist also noch Zeit für Gespräche und Verhandlungen… Ein erstes Gespräch verlief recht positiv. Man einigte sich auf die Einrichtung einer ge-meinsamen Arbeitsgruppe mit Vertretern des GSHW, des BMVI, und Vertretern der Deut-schen Museumshäfen. Es ist nur zu hoffen, dass die Herren eine für alle akzeptable Lösung finden.

 

Witz der Woche:

An der Theaterkasse:

Die Kassiererin wundert sich, dem Typ hat sie doch eben schon eine Eintrittskarte verkauft.

„Sie haben doch eben eine Karte gekauft?“ – "Das stimmt schon, aber die Dame am Eingang hat sie zerrissen…“

Aktualisiert ( Donnerstag, den 24. August 2017 um 13:20 Uhr )